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Das Arbeitszeugnis selbst schreiben? Ist das eine gute Idee?

Es ist ihr letzter Arbeitstag und Sie fragen nach einem Zeugnis, das Ihnen zusteht. „Scheiben Sie doch mal was zusammen“ antwortet Ihr Vorgesetzter.
Soll man dieses Angebot annehmen, sich selbst damit unsterblich machen und in dem Zeugnis immer loben? Ein Zeugnis verfassen, das „MEGA“ wird, das Sie als Arbeitnehmergott outen wird und Ihnen alle Türen für einen potentiellen neuen Arbeitgeber weit aufreißt? Die Verlockung ist sicher groß das Arbeitszeugnis selbst zu schreiben, aber ist es eine gute Idee?

Leider. Nein!
Aber warum denn?
Dafür gibt es viele Gründe. Der wichtigste Grund, warum man sein Zeugnis nicht selbst schreiben soll, ist:
Man kennt die Gesetzmäßigkeiten, die Floskeln und den Aufbau eines Arbeitszeugnisses meist nicht gut genug.

Gut, es sei denn natürlich, Sie sind Personaler, Arbeitsrechtler oder Experte in Sachen Zeugnisse. Dann können Sie zum nächsten Blogbeitrag schalten. Ansonsten lassen Sie es. Das Risiko, Fehler zu machen, ist viel größer als der erhoffte Mehrwert und verursacht das Gegenteil von dem, was man eigentlich damit erreichen will.

Im Übrigen: Zeugnisse sind überbewertet. Viele unserer Klienten wollen sie garnicht mehr sehen, weil sie der Meinung sind, dass sie sowieso nicht echt sind. Sie wissen, in 60% aller Fälle hilft der Mitarbeiter tatkräftig mit bei der Erstellung. Per Rechtslage darf ein Zeugnis nicht negativ sein, es muss „von einem Wohlwollen getragen sein“, und das kann man im Zweifelsfall vor jedem Arbeitsgericht erstreiten.

„Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen“, heißt es in §109 der Gewerbeordnung.

Eine neutrale Aussagekraft ist also bei einem Zeugnis fast nie gegeben. Man lobt den Mitarbeiter, um ihm einen letzten Gefallen zu tun und keinen Ärger zu haben. Oder man würgt ihm nochmal so richtig einen rein, weil man so gar nicht zufrieden war mit seiner Leistung oder dem aufmüpfigen Verhalten, und will dies der Nachwelt subtil übermitteln.
Die Aufzählung der Tätigkeiten in einem Zeugnis sind schon wichtig, um festzuhalten, was man wie lange getan hat. Die versteckten Bewertungen, die in einem Zeugnis verklausuliert zum Ausdruck gebracht werden, sind die eigentlichen Problemzonen, hier muss man sich gut auskennen. Wenn man diese Sprache nicht kennt, dann lauern hier viele Fallstricke. Man kann sagen: Diskreditierende Formulierungen und offene Kritik sind tabu – versteckte Bewertungen nicht.

Nehmen wir ein paar Beispiele:

  • „Er stand stets voll hinter uns“ klingt nett, aber drückt aus, dass der Mitarbeiter ein Alkoholproblem hat
  • „Sie war ein geschätzter Gesprächspartner“ zeigt auf, dass die Dame wohl gerne und viel redet
  • Wer sich „besonders intensiv weiterbildete“, war mehr mit sich und seinem Fortkommen beschäftigt, als sich in den Dienst des Unternehmens zu stellen
  • Wer „im Kollegenkreis als toleranter Mitarbeiter galt“, kam in Wirklichkeit nicht mit den Vorgesetzten zurecht
  • Wer „ein gewissenhafter Mitarbeiter war“, der war schon da, wenn man ihn brauchte, war aber nicht immer brauchbar
  • Wer „stets bemüht war, sein Bestes zu geben“, ist eine komplette Niete und hat nichts erreicht
  • „Er verfügt über Fachwissen und gesundes Selbstvertrauen“ heißt übersetzt: Der Typ ist arroganter als jede Diva

Wenn Sie sich nun die Vorlage Ihres besten Freundes als Grundlage ausborgen, weil sein Zeugnis recht gut klingt, dann hüten Sie sich davor, wenn Sie nicht genau wissen, was Sie da tun. Und in Eigenregie, aufgrund von gut gemeinten „Ratgebern“ sollte man auch keinen Alleingang wagen und denken, eine autodidaktische Meisterleistung lässt sich mal so schnell aufs Parkett zaubern.

Nehmen wir ein paar Beispiele - Pape Consulting Group AG

Ein weiterer Fehler beim sich-selbst-beurteilen ist dann auch, dass man viel zu positiv schreibt. Alles an sich war und ist toll und eine 1+. Das ruft dann mit Sicherheit und sofort Mißtrauen beim Leser hervor.
Zu gut kommt ganz schlecht!

Warum lässt man einen Mitarbeiter gehen, der so ein „Overperformer“ ist. Um so ein sehr gutes Zeugnis in allen Belangen zu bekommen, müsste der Mitarbeiter ja jeden Tag immer und überall eine Top-Leistung gebracht haben. Das schafft niemand, das glaubt einem auch keiner. Jeder macht mal Fehler oder hat einen Durchhänger. Daher sollte man immer auf dem Teppich bleiben mit Superlativen.

Achten müssen Sie beim Arbeitszeugnis aber nicht nur darauf, was drinsteht, sondern auch, was NICHT drinsteht. Das Weglassen von Standard-Formulierungen ist auch ein geheimes Signal für eine schlechte Note.

Man kann sich also selbst eine Menge Ostereier ins Nest legen, wenn man diese Gesetze nicht kennt oder falsch anwendet. Und das führt am Ende dazu, das sie einen Job NICHT kriegen.

Die Struktur eines Zeugnisses folgt einem grundsätzlichen Aufbau:

  • Überschrift, Einleitung & Unternehmensbeschreibung
  • Tätigkeiten/Aufgaben
  • Leistungsbeurteilung
  • Verhaltensbeurteilung
  • Beendigungsgrund
  • Schlussformel
  • Ausstellungsdatum und Unterschrift

Hier sind Dinge wichtig, warum ein Arbeitsverhältnis beendet wurde oder ob man dem Mitarbeiter „alles Gute wünscht“, sein Fortgehen „bedauert“ – oder eben auch nicht, wenn man diesen Passus weglässt. Das Weglassen von „guten Wünschen“ kann man formal auch nicht verbieten – darauf hat man keinen Rechtsanspruch.

Wenn zum Beispiel eine übliche Floskel „Das Verhalten gegenüber Kollegen war stets einwandfrei“ weggelassen wird, dann zeigt das, wie unkollegial man den Mitarbeiter gegenüber seinen Kollegen gesehen hat. Analog gilt das für das Verhalten gegenüber Mitarbeitern oder Vorgesetzten.

Wenn Sie mehr zur Zeugnissprache wissen wollen, dann empfehle ich Ihnen unsere Zusammenfassung: HIER

Ein weiterer Grund ist, Sie dürfen das Arbeitszeugnis eigentlich nicht selbst schreiben.
Formal muss das Zeugnis vom direkten Vorgesetzen kommen. Kann man Ihnen nachweisen, dass Sie es selbst geschrieben haben, begeben Sie sich in eine Grauzone, die einem möglichen Arbeitsrichter nicht gefallen wird.

Unser Tipp: Beraten Sie sich immer mit einem Profi, auch wir machen das gerne im Rahmen unserer Dienstleistungen.

Dann klappts auch mit dem Traumjob!

Geschrieben: 27. August 2019