Es gibt kaum eine Sache in Bezug auf Diversity und Gleichberechtigung, die so sehr polarisiert wie das Gendern. Die einen halten es für selbstverständlich, die anderen sehen darin eine Verhunzung der deutschen Sprache ohne Notwendigkeit. Auch für Unternehmen ist die Diskussion spannend: Wie schafft man Diversität im eigenen Unternehmen? Unter anderem durch inklusive Stellenanzeigen. Ein Mittel ist hierbei in Stellenanzeigen zu gendern; seit 2019 gibt es sogar eine Pflicht zur gendergerechten bzw. genderneutralen Formulierung von Stellenausschreibungen.
Aber woher kommt überhaupt die Idee der gendersensiblen Sprache? Was spricht dafür und was dagegen? Und wie macht man es richtig, wenn man sich dafür entscheidet?
Was bedeutet überhaupt Geschlecht?
Zunächst muss man sich fragen, was Geschlecht überhaupt bedeutet? Es gibt das biologische und das soziale Geschlecht, auch Geschlechtsidentität genannt. Das biologische Geschlecht wird durch primäre und sekundäre Geschlechtsmerkmale sowie die dem zugrunde liegenden verschiedenen Chromosomensätze definiert. Das soziale Geschlecht kann vom biologischen Geschlecht abweichen: somit kann sich ein Mensch mit den biologischen Merkmalen eines Mannes nicht wie ein Mann im sozialen Sinne fühlen. Zuletzt gibt es das grammatische Geschlecht als Kategorie, um Worte einzuordnen. Diese Einordnung ist erstmal willkürlich und unabhängig vom biologischen oder sozialen Geschlecht.
Es fällt allerdings auf, dass die deutsche Sprache eher männlich dominiert ist. Unter anderem durch die Etablierung des generischen Maskulinum. Die Kritik daran ist, dass andere Geschlechter durch die nicht-Nennung vernachlässigt werden, was für eine Verfestigung der Vormachtstellung des Mannes im Patriarchat sorgt. Dadurch gibt es schon eine Vermischung von biologischen, sozialen und grammatikalischen Geschlecht. Diese äußert sich durch die männliche Form als Standard und die weibliche lediglich als Abwandlung der männlichen mit der Endung -in. Die maskuline Form wird nicht immer generisch gebraucht, sondern oft auch konkret männlich. Dabei verliert die Sprache ihren rein formalen Charakter und es schwingt auch immer ein gewisser Inhalt mit. Da Sprache auch maßgeblich unsere Wirklichkeit formt, verstärkt das generische Maskulinum die Vormachtstellung des Mannes und die Rolle der Frau als „Anhängsel“.
Deshalb fordern im Zuge des aufsteigenden Feminismus und der LGBTQIA+ Bewegung viele, diese Vormachtstellung des Mannes zu durchbrechen, indem man nicht nur das männliche Geschlecht anspricht, sondern alle Geschlechter.
Gendergerechtes Schreiben in der deutschen Sprache
Dabei gibt es verschiedene Herangehensweisen um gendergerecht zu sprechen oder schreiben:
- Beidnennung der männlichen und weiblichen Form, bspw. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen: diese Form vernachlässigt allerdings non-binäre Menschen
- Sichtbarmachen aller Geschlechter durch Sternchen, bspw. Mitarbeiter*innen: das Sternchen und die kleine Sprechpause stehen für non-binäre Menschen
- Geschlechtsneutrale Formen, bspw. Mitarbeitende
Welche Variante bevorzugt benutzt wird, hängt auch von der Motivation des jeweiligen Sprechers ab: Möchte man auf die Irrelevanz des Geschlechts hinweisen, empfiehlt sich die neutrale Form. Um auf die Existenz anderer Geschlechter neben dem männlichen aufmerksam zu machen, empfiehlt sich die erste Variante der Nennung beider Geschlechter oder die Variante mit Sternen, falls man Geschlecht als etwas nicht Binäres definiert.
Die Idee hinter gendergerechtem Schreiben ist erstmal plausibel; trotzdem gibt es genauso Gründe, die dagegen sprechen.
Zuletzt macht die Variante mit Sonderzeichen wie Sternchen Texte bedeutend weniger leserfreundlich, vor allem für die Menschen, deren Muttersprache nicht deutsch ist oder die eine Leseschwäche haben. Außerdem erkennen diverse Tools für Menschen mit Sehbehinderung Gendersternchen nicht als solche und können diese nicht richtig ausdrücken. Das Sichtbarmachen marginalisierter Geschlechter zieht so also die Marginalisierung anderer Minderheiten nach sich; das kann nicht das Ziel sein.