Ein Kommentar von Christian Pape
Amerikanische Arbeitgeber wie Apple, Google und Facebook sind wieder mal ganz vorne dabei, wenn es um kreative und abgefahrene Möglichkeiten geht, sich und seine Mitarbeiter mit ganz besonderen Maßnahmen zu beglücken – letztlich um sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen – im Markt und beim Kampf um die besten Mitarbeiter.
Gestern gab es dafür den „Feel Good Manager“ zum Bespaßen des hauseigenen Personals, heute geht man noch weiter und greift aktiv in die Familienplanung ein. Sie haben das sogenannte „Social Freezing“ in die Sozialleistungen ihrer Angestellten mit aufgenommen. Das heisst, sie organisieren und finanzieren das Entnehmen und Einfrieren der Eizellen der Frau, damit Sie keinen Zeitdruck beim Fortführen Ihrer beruflichen Karriere verspüren. Ist das cool oder was? Das Einfrieren der weiblichen Eizellen auf Firmenkosten soll es den Mitarbeiterinnen also ermöglichen, auch nach den fruchtbaren Jahren noch eine Familie zu gründen. Das Wort „googeln“ bekommt dann eine völlig neue Bedeutung.
Hinter all dem verbirgt sich die Aussage: „Kinder kriegen finden wir ja total super. Aber bitte nicht JETZT.“
Die Unternehmen möchten, dass „Frau“ die wichtigsten, jungen und leistungsfähigsten Jahre ihrem Arbeitgeber schenkt und nicht der Familie. Sie soll sich Zeit lassen können mit einem Kinderwunsch, wohlwissend, dass die medizinische Uhr gnadenlos tickt. Vor allem deshalb finden sich in den Führungspositionen der meisten Unternehmen viel mehr Männer als Frauen, weil diese sich im Interesse der Familienplanung „beruflich auskoppeln“ und sich dem Kinderkriegen widmen. Die Karriere wird dabei, wenn vielleicht auch nur vorübergehend, geopfert – oder zumindest unterbrochen.
Beim Mann sinkt die Zeugungsfähigkeit ab 40 kontinuierlich, sagen die Reproduktionsmediziner. Bei der Frau ist es noch dramatischer, dort ist die Fruchtbarkeit ziemlich stabil bis zum 35. Altersjahr. Dann fällt sie innerhalb von zehn Jahren dramatisch ab – bis 45 auf kaum noch vorhanden. Die Anzahl der Eizellen nimmt kontinuierlich ab, bis sie irgendwann „Null“ ist. Und dann war es das – mit dem natürlichen Weg.
Immer mehr Frauen lassen sich daher Eizellen entnehmen und bei -196 Grad mit dem Vitrifikationsverfahren einfrieren ( Kryokonservierung), um auch nach 35 noch intakte Chancen auf eine Schwangerschaft zu haben. Der Trend ist ungebrochen, die Nachfrage nach Social Freezing steigt auch in Deutschland enorm an.
Lassen wir die ethischen Betrachtungen ausser Acht, darüber wollen wir nicht richten. Auch die gesundheitlichen Aspekte muss man sich von Spezialisten erläutern lassen. Eine Baby-Garantie ist Social Freezing ohnehin nicht.
Wir wollen hier nur beleuchten, wie kreativ Unternehmen heute vorgehen, um Talente für das Unternehmen zu gewinnen und dann auch möglichst lange zu behalten. „Arbeitgeber-Attraktivität“ ist das Zauberwort und dazu ist jedes Mittel Recht. Auch der aktive Eingriff in die Familienplanung.
In Deutschland ist das Social Freezing an sich erlaubt, es gibt aber kaum Arbeitgeber, die bisher dem „Trend“ von Google und Co. folgen. Alles eine Frage der Zeit, bis sich auch dieser Trend über den Atlantik zu uns ausbreitet?
Happy Freezing!