Schwappt die bedrohliche Welle der Jobwechsel auch nach Europa und nach Deutschland?
Nach aktuellen Zahlen von LinkedIn lag die Zahl der Menschen, die den Job gewechselt haben, Ende September 54 Prozent über dem Vorjahr. In der APAC-Region (Asia Pacific) fällt die Entwicklung angeblich noch deutlicher aus.
Dabei waren nach eineinhalb Jahren des Pandemie-Ausnahmezustands in diesem Sommer viele Menschen gerade erst wieder zu einem Stück Arbeitsnormalität zurückgekehrt. Neben vielen „Branchen-Flüchtlingen“ aus besonders hart betroffenen Sektoren wie der Reise- und Veranstaltungsbranche hat die Corona-Krise jedoch offensichtlich auch bei vielen anderen Menschen zu einem Umdenken geführt.
Neuorientierung durch Jobwechsel
Die Leute überdenken nicht nur, wie sie arbeiten, sondern auch warum sie arbeiten und was sie grundsätzlich mit ihrer Karriere und ihrem Leben anfangen möchten. Mitarbeiter im Handel beispielsweise, die seit fast zwei Jahren unter Höchstlast arbeiten und sich dabei noch von vielen Kunden anpöbeln lassen müssen, kündigen vielfach, um humanere und lohnendere Arbeitsbedingungen zu finden.
Aber auch privilegierte und relativ „verwöhnte“ Berufstätige sind in der Neuorientierung. Die verrückte Pandemie-Zeit hat viele Menschen dazu veranlasst, ihre Werte und Prioritäten zu überdenken. Corona hat uns quasi dazu gezwungen, uns tieferen Wahrheiten zu stellen. Die Mehrheit der Leute will kein Hecheln nach Quartalszahlenmehr, keine vollgestopfte U- und S-Bahnen, keine Unmengen an Reisetagen im Jahr und kein Arbeiten bis in die Nacht, um dann heimzukommen, nachdem die Kinder schon im Bett sind. Somit fragen sie sich, ob sie überhaupt wieder in die Vor-Corona-Routine zurückwollen.
Was dazu kommt sind langfristige Trends, die sich aktuell verstärken: Wertewandel, demographischer Wandel, technologischer Wandel: Die Menschen setzen ihre (Lebens-)Prioritäten neu. Die Sensibilität hinsichtlich der Arbeitszufriedenheit steigt exponentiell. Was viele früher wohl oder übel am Arbeitsplatz ausgesessen hätten, führt heute schnell zur Kündigung.
Führungskräfte müssen über die Anpassung ihrer Richtlinien für die Arbeit von zu Hause aus oder das Anbieten von „Incentives“ hinausdenken. Arbeitnehmer wollen sich nicht mehr nur fair behandelt fühlen, sondern sie wollen auch, dass ihre Werte mit ihrem Job übereinstimmen.
Insbesondere bei der Generation Z und den Millennials wird das deutlich. Für sie ist Arbeit längst nur ein Teil ihrer Lebenswelt. Neue Werte und Themen wie Selbstbestimmung, Lebenszweck und Selbstverwirklichung treten stärker als Arbeitsmotivatoren in den Vordergrund.
Noch sehen wir dieses Phänomen in Europa und in Deutschland in Deutschland in deutlich abgeschwächter Form. Aber auch hier ist eine erhöhte Wechselstimmung erkennbar und es ist davon auszugehen, dass diese Entwicklung sich fortsetzen und verstärken wird. Auch hierzulande werden immer mehr Menschen versuchen, Unternehmen und Positionen zu finden, die besser zu ihrem Lebensinhalt und zu ihren Werten passen.
Was also tun gegen die Welle der Jobwechsel?
Unternehmen müssen die Voraussetzungen schaffen, dass die Menschen wieder gerne und lange bei ihnen arbeiten. Es gilt, durch neue, flexible Arbeitsmodelle, flache Hierarchien und neue Rollen ein selbstbestimmteres Arbeiten zu ermöglichen.
Mitarbeiter, die das wollen, müssen sich in die Unternehmens- und Produktentwicklung und die Prozessverbesserung auf Augenhöhe einbringen können. Arbeitsplätze müssen sich stärker an die Aufgaben der Mitarbeitenden anpassen. Außerdem muss die Digitalisierung der Arbeitsplätze weiter vorangetrieben werden und Lernen muss Bestandteil der Unternehmens-DNA zu werden.
Somit bietet dieser Strukturwandel auch eine Riesenchance. Der Denkansatz muss sein, langfristig im Selbstverständnis der Unternehmen dahin zu kommen, dass die Menschen nicht für die Unternehmen arbeiten, sondern die Unternehmen für die Menschen – als Plattform, um ihre Karrierewünsche zu erfüllen, und in der Welt etwas zu bewirken.
Das wäre ein gewaltiger Wandel in der Mission der Unternehmen, aber auch einer, der denjenigen Unternehmen, die das verinnerlichen, einen signifikanten Wettbewerbsvorteil sichern könnte.
Somit wird vielleicht auch der Anspruch an uns als Personalberater wieder stärker hin zu unserem eigentlichen Kerngeschäft gehen – weg von der „Vermittlung“ hin zu unserer ureigensten Aufgabe. Diese ist es, genau die Talente zu finden, die nicht nur fachlich, sondern insbesondere durch ihre Wertewelt zur Unternehmens-Philosophie passen.
Zumindest sehen und handhaben wir das bei PAPE seit 30 Jahren so. Suchen können viele – aber den Perfect Fit herzustellen und dabei dann genau die richtigen Kandidaten zu finden und zu überzeugen – das ist unser Anspruch, den wir Tag für Tag realisieren und in die Tat umsetzen.